Erfahrungsbericht von Karl und Andrea Nutz
1 Jahr ohne eigenes Auto

Karl.Nutz@Solarnutz.at

Im September 2005 haben wir uns dazu entschlossen, uns von der Mobilität, eigenes Auto, zu trennen und sind seit einem Jahr mit dem Fahrrad, öffentlichen Verkehrsmitteln und Carsharing von der Firma Denzeldrive unterwegs.
Wir sind eine Familie mit drei Kinder, davon zwei noch zu Hause wohnend. Einkäufe, Weg zur Arbeit, Freizeitgestaltung ohne eigenes Auto,  Erfahrungswerte abseits mehrheitlichen Mobilitätsverhalten.
In unserem Umfeld ist unser Verhalten für die meisten befremdend, exotisch bis unvorstellbar. Wobei die jederzeitige Verfügbarkeit eines Autos noch eine relativ junge Möglichkeit der Fortbewegung in der Menschheitsgeschichte darstellt. Eigentlich nur möglich für eine Minderheit in den Industrieländern, angesichts der Weltbevölkerungszahl. In dieser kurzen Zeitspanne mit verheerender Wirkung auf unsere Umwelt, Atemluft und Gesundheit.
Ohne Auto ein Familienleben zu gestalten mutet in der heutigen Zeit eines Experiments an und kann von uns deshalb unternommen werden, weil wir hier in Herzogenburg noch einigermaßen an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen sind.
Die Mobilität Auto und marktwirtschaftliche Interessen der öffentlichen Verkehrsbetreiber, haben eine gute Infrastruktur mit Öffentlichen Verkehrsmittel, verdrängt.
Nebenbahnen wurden geschlossen, kleine Gemeinden und Dörfer sind mit dem Bus kaum noch erreichbar. Die Situation wird sich jetzt ab Dezember mit dem neuen Fahrplan noch weiter verschlechtern und auch wir müssen unseren Lebensrhythmus dieser Qualitätsminderung neu anpassen. Obwohl wir sozusagen in einer Vorstadt der Landeshauptstadt Niederösterreichs wohnen und bei einer Gesprächsveranstaltung im Volksheim Herzogenburg, anlässlich zum Ausbau der S33, der Bürgermeister die Bevölkerung, über den zum Straßenbau parallel laufenden zweigleisigen Bahnausbau St. Pölten – Herzogenburg, informiert hatte.
Auch dem Argument Bahnhofsumbau in St. Pölten, laut NÖN Bericht aus W.48, begegnen wir mit Unverständnis, wurde dieser doch schon lange geplant und Gleisausfälle müssen dann eben mit Schienenersatzverkehr abgedeckt werden.            
Doch nun zu unserem Alltagsgeschehen mit dem Verzicht auf ein eigenes Auto.
Karl arbeitet in St. Pölten und benützt für den Weg die Bahn mit einer ÖBB Jahreskarte.
Ich bin Hausfrau und bewerkstellige unsere Lebensmitteleinkäufe hauptsächlich mit dem Fahrrad und einem Radkinderanhänger zum Transport. Bei Schlechtwetter mit dem Einkaufstrolli und bei Neuschnee sogar mit der Rodel. Mit dabei unsere fünfjährige Tochter.
Einkaufen bedeutet dann für uns auch gleich Bewegung, raus bei jedem Wetter, Erlebnis, frische Luft. Aber leider nur wenn wir vom Stadtkern wieder hinauskommen.
Zu Hauptverkehrszeiten bedarf es äußerster Konzentration mit dem Fahrrad zwischen Autos und Lastwagen unterwegs zu sein. Auch der Gehsteig bietet bei einem Stau in der Innenstadt keine Sicherheit mehr vor  “Vier Rädern“.   
Wir kaufen vor allem hier in der Region, viel Frisches und auf  keine allzu große Bevorratung ausgerichtet. Getränkeeinkäufe beschränken sich bei uns auf etwas Mineralwasser und Saft zum Verdünnen. Hauptgetränkequelle ist für uns die Hauswasserleitung. Eine der uns am häufigsten gestellten Fragen, wie wir diesen Punkt bewältigen.
Ebenfalls eine häufige Frage die uns gestellt wird, was tun wenn ein Familienmitglied krank wird. Nun bisher kam entweder der Arzt zu uns ins Haus, oder wir benützten ein örtliches Taxi, um in die Ordination zu gelangen. Auch die Rettung war uns im Akutfall schon hilfreich.
Unsere Freizeit, Ausflüge und Urlaube planen wir eingehend im Voraus.
Unter dem Motto langsamer, weniger, dafür umso intensiver bewusst genießend.
Für die Bahn sind wir im Besitz einer Familienvorteilscard und bezahlen nur die Hälfte vom Vollpreis, die Kinder bis 14 Jahre fahren kostenlos. Auch kostenlose Radtransporte sind darin enthalten.
In diesem “Jahr ohne eigenes Auto“ fuhren wir z.B. mit unseren Rädern samt Kinderanhänger per Bahn nach Passau und strampelten in sechs Tagen, entlang der Donau wieder nach Hause.
Den Sommerurlaub verbrachten wir in Podersdorf am Neusiedlersee, ebenfalls mit Bahn und Bus erreichbar.
Wir gelangten zu vielen schönen Ausflugszielen, wie Tiergarten Schönbrunn, das Haus des Meeres, zum Tierpark Haag.
Mit der Bahn ging es auch auf den Schneeberg oder zu einer Wanderung auf die Ochsenburgerhütte.
Für Fahrten auf den Jauerling, ins Gesäuse oder zur Rax nahmen wir das Denzeldrive Auto in Anspruch.
Um vom Kino oder von Kulturveranstaltungen nach 21 Uhr, von
St. Pölten wieder nach Herzogenburg zu gelangen, benützen wir ein Taxi, da von Seiten der “Öffis“ keine Möglichkeit mehr besteht, zu späterer Stunde wieder nach Hause zu gelangen. Welches wir auch für unsere Jugendlichen als großes Manko empfinden.
An Kosten in einem “Jahr ohne eigenes Auto“ sind für uns rund 1600€ angelaufen.
Davon 900€ für Bus und Bahn, 600€ für Denzeldrive und 100€ Taxirechnung.
Dieses “Jahr ohne eigenes Auto“ zeigt für uns keine Einbuße, sowohl finanziell, als auch für unsere Freizeitgestaltung und den Urlaub. Ganz im Gegenteil, denn unsere Erholung beginnt bereits während der Fahrt und auch die Wartezeiten an Haltestellen, sofern sie nicht wirklich allzu lange sind, stellen für uns Ruhezeiten und keinen Nachteil dar.
In Summe schenkt uns diese Erfahrung eine neue Perspektive für den Umgang mit Ressourcen und für ein einfaches Konsum und Lebenstempo.
In Bedacht auf unsere Mitmenschen und den Erhalt  unserer Natur und Umwelt.
In unserer nun sensibilisierten Sichtweise nehmen wir Verkehrslärm und schlechte Luftqualität, verursacht durch die hohen Abgase und der Feinstaubbelastung, in unserem unmittelbaren Lebensraum, jetzt noch stärker wahr.
Der zahlreiche Autoverkehr und das Tempo auf Autobahnen, Schnellstraßen und in Ballungszentren, erscheint uns schlichtweg als Wahnsinn.
Somit gehen wir, gerade eben durch diese Erkenntnisse motiviert, in ein weiteres “Jahr ohne eigenes Auto“.
Zum Abschluss dieses Artikels über unser “gelebtes Grün“, möchten wir noch auf das Sonnenkraftwerk zur Stromerzeugung auf unserem Hausdach hinweisen.
Dazu gibt es eine ausführliche Homepage gestaltet von Karl Nutz.

http://www.solarnutz.at