Im September 2005
haben wir uns dazu entschlossen, uns von der Mobilität, eigenes Auto, zu
trennen und sind seit einem Jahr mit dem Fahrrad, öffentlichen
Verkehrsmitteln und Carsharing von der Firma Denzeldrive
unterwegs.
Wir sind eine Familie mit drei Kinder, davon zwei noch zu Hause wohnend.
Einkäufe, Weg zur Arbeit, Freizeitgestaltung ohne eigenes Auto,
Erfahrungswerte abseits mehrheitlichen Mobilitätsverhalten.
In unserem Umfeld ist unser Verhalten für die meisten befremdend,
exotisch bis unvorstellbar. Wobei die jederzeitige Verfügbarkeit eines
Autos noch eine relativ junge Möglichkeit der Fortbewegung in der
Menschheitsgeschichte darstellt. Eigentlich nur möglich für eine
Minderheit in den Industrieländern, angesichts der Weltbevölkerungszahl.
In dieser kurzen Zeitspanne mit verheerender Wirkung auf unsere Umwelt,
Atemluft und Gesundheit.
Ohne Auto ein Familienleben zu gestalten mutet in der heutigen Zeit eines
Experiments an und kann von uns deshalb unternommen werden, weil wir hier
in Herzogenburg noch einigermaßen an das öffentliche Verkehrsnetz
angeschlossen sind.
Die Mobilität Auto und marktwirtschaftliche Interessen der öffentlichen
Verkehrsbetreiber, haben eine gute Infrastruktur mit Öffentlichen
Verkehrsmittel, verdrängt.
Nebenbahnen wurden geschlossen, kleine Gemeinden und Dörfer sind mit dem
Bus kaum noch erreichbar. Die Situation wird sich jetzt ab Dezember mit
dem neuen Fahrplan noch weiter verschlechtern und auch wir müssen unseren
Lebensrhythmus dieser Qualitätsminderung neu anpassen. Obwohl wir
sozusagen in einer Vorstadt der Landeshauptstadt Niederösterreichs wohnen
und bei einer Gesprächsveranstaltung im Volksheim Herzogenburg, anlässlich
zum Ausbau der S33, der Bürgermeister die Bevölkerung, über den zum
Straßenbau parallel laufenden zweigleisigen Bahnausbau St. Pölten –
Herzogenburg, informiert hatte.
Auch dem Argument Bahnhofsumbau in St. Pölten, laut NÖN Bericht aus
W.48, begegnen wir mit Unverständnis, wurde dieser doch schon lange
geplant und Gleisausfälle müssen dann eben mit Schienenersatzverkehr
abgedeckt werden.
Doch nun zu unserem Alltagsgeschehen mit dem Verzicht auf ein
eigenes Auto.
Karl arbeitet in St. Pölten und benützt für den Weg die Bahn mit einer
ÖBB Jahreskarte.
Ich bin Hausfrau und bewerkstellige unsere Lebensmitteleinkäufe hauptsächlich
mit dem Fahrrad und einem Radkinderanhänger zum Transport. Bei
Schlechtwetter mit dem Einkaufstrolli und bei Neuschnee sogar mit der
Rodel. Mit dabei unsere fünfjährige Tochter.
Einkaufen bedeutet dann für uns auch gleich Bewegung, raus bei jedem
Wetter, Erlebnis, frische Luft. Aber leider nur wenn wir vom Stadtkern
wieder hinauskommen.
Zu Hauptverkehrszeiten bedarf es äußerster Konzentration mit dem Fahrrad
zwischen Autos und Lastwagen unterwegs zu sein. Auch der Gehsteig bietet
bei einem Stau in der Innenstadt keine Sicherheit mehr vor
“Vier Rädern“.
Wir kaufen vor allem hier in der Region, viel Frisches und auf keine
allzu große Bevorratung ausgerichtet. Getränkeeinkäufe beschränken
sich bei uns auf etwas Mineralwasser und Saft zum Verdünnen. Hauptgetränkequelle
ist für uns die Hauswasserleitung. Eine der uns am häufigsten gestellten
Fragen, wie wir diesen Punkt bewältigen.
Ebenfalls eine häufige Frage die uns gestellt wird, was tun wenn ein
Familienmitglied krank wird. Nun bisher kam entweder der Arzt zu uns ins
Haus, oder wir benützten ein örtliches Taxi, um in die Ordination zu
gelangen. Auch die Rettung war uns im Akutfall schon hilfreich.
Unsere Freizeit, Ausflüge und Urlaube planen wir eingehend im Voraus.
Unter dem Motto langsamer, weniger, dafür umso intensiver bewusst genießend.
Für die Bahn sind wir im Besitz einer Familienvorteilscard und bezahlen
nur die Hälfte vom Vollpreis, die Kinder bis 14 Jahre fahren kostenlos.
Auch kostenlose Radtransporte sind darin enthalten.
In diesem “Jahr ohne eigenes Auto“ fuhren wir z.B. mit unseren Rädern
samt Kinderanhänger per Bahn nach Passau und strampelten in sechs Tagen,
entlang der Donau wieder nach Hause.
Den Sommerurlaub verbrachten wir in Podersdorf am Neusiedlersee, ebenfalls
mit Bahn und Bus erreichbar.
Wir gelangten zu vielen schönen Ausflugszielen, wie Tiergarten Schönbrunn,
das Haus des Meeres, zum Tierpark Haag.
Mit der Bahn ging es auch auf den Schneeberg oder zu einer Wanderung auf
die Ochsenburgerhütte.
Für Fahrten auf den Jauerling, ins Gesäuse oder zur Rax nahmen wir das
Denzeldrive Auto in Anspruch.
Um vom Kino oder von Kulturveranstaltungen nach 21 Uhr, von
St. Pölten wieder nach Herzogenburg zu gelangen, benützen wir ein Taxi,
da von Seiten der “Öffis“ keine Möglichkeit mehr besteht, zu späterer
Stunde wieder nach Hause zu gelangen. Welches wir auch für unsere
Jugendlichen als großes Manko empfinden.
An Kosten in einem “Jahr ohne eigenes Auto“ sind für uns rund 1600€
angelaufen.
Davon 900€ für Bus und Bahn, 600€ für Denzeldrive und 100€
Taxirechnung.
Dieses “Jahr ohne eigenes Auto“ zeigt für uns keine Einbuße, sowohl
finanziell, als auch für unsere Freizeitgestaltung und den Urlaub. Ganz
im Gegenteil, denn unsere Erholung beginnt bereits während der Fahrt und
auch die Wartezeiten an Haltestellen, sofern sie nicht wirklich allzu
lange sind, stellen für uns Ruhezeiten und keinen Nachteil dar.
In Summe schenkt uns diese Erfahrung eine neue Perspektive für den Umgang
mit Ressourcen und für ein einfaches Konsum und Lebenstempo.
In Bedacht auf unsere Mitmenschen und den Erhalt
unserer Natur und Umwelt.
In unserer nun sensibilisierten Sichtweise nehmen wir Verkehrslärm und
schlechte Luftqualität, verursacht durch die hohen Abgase und der
Feinstaubbelastung, in unserem unmittelbaren Lebensraum, jetzt noch stärker
wahr.
Der zahlreiche Autoverkehr und das Tempo auf Autobahnen, Schnellstraßen
und in Ballungszentren, erscheint uns schlichtweg als Wahnsinn.
Somit gehen wir, gerade eben durch diese Erkenntnisse motiviert, in ein
weiteres “Jahr ohne eigenes Auto“.
Zum Abschluss dieses Artikels über unser “gelebtes Grün“, möchten
wir noch auf das Sonnenkraftwerk zur Stromerzeugung auf unserem Hausdach
hinweisen.
Dazu gibt es eine ausführliche Homepage gestaltet von Karl Nutz.
http://www.solarnutz.at
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